Schlangenhaus - Thriller by Bolton Sharon

Schlangenhaus - Thriller by Bolton Sharon

Autor:Bolton, Sharon [Bolton, Sharon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2018-08-23T00:00:00+00:00


Das Copper Beech Residential Home roch nach Urin, synthetischem Lavendel und aus irgendeinem Grund, der sich mir nicht erschließen wollte, nach Sägemehl. Es war ein zweckdienlicher Bau aus den 70ern, und sobald ich über die Schwelle trat, kurz nach halb fünf, war mir klar, dass ich mir lieber eigenhändig die Kehle durchschneiden würde, als jemals an einem solchen Ort zu enden.

Als wir den Flur hinabgingen, wich das Lavendelaroma dem Geruch von Bleiche. Doch an der Kante, wo der Fliesenboden an die Scheuerleisten stieß, lag Staub, und jeder Lichtschalter war von einem dunklen Schmutzkreis umgeben.

Wir kamen an einem Aufenthaltsraum vorbei. Mehrere Frauen und ein Mann saßen entlang der Wände auf Stühlen, die ziemlich unbequem aussahen. Keiner sprach, niemand las, niemand sah fern oder hörte Radio. Einer oder zwei hatten die Augen geschlossen, alle anderen starrten auf einen Punkt ein Stück vor ihnen, und ich fragte mich, was sie wohl sahen, wenn sie denn überhaupt etwas sahen. Es kam mir so vor, als würden ihre Körper verwesen, noch während sie dasaßen, ihre Herzen noch schlugen, die Lungen weiterpumpten.

»In zwanzig Minuten gibt es Abendessen«, sagte die Frau in Schwesterntracht, die mich am Empfang begrüßt hatte. »Es ist uns lieber, wenn alle Besucher bis dahin gegangen sind. Dann kriegt man sie leichter zur Ruhe.«

Sie blieb vor einer blassblau gestrichenen Tür stehen. Schrammen verunzierten den unteren Teil, während Schmierstreifen um die Klinke herum die Meinung bestätigten, die ich mir bereits über die Hygienestandards im Copper Beech Home gebildet hatte. Die Pflegerin stieß die Tür auf.

»Sie haben Besuch, Ruby«, rief sie und bedeutete mir, einzutreten. Ich verspürte ein Aufwallen des Mitleids mit Ruby, die nicht auf meinen Besuch vorbereitet worden war, die möglicherweise schlief und die nicht einmal gefragt worden war, ob sie mich sehen wollte oder nicht.

Hätte man sie vor diese Wahl gestellt, so wurde mir klar, als ich eintrat, hätte sie wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dankend abgelehnt.

Denn bei meinem Anblick öffneten sich Rubys Augen weit, wie die eines Wildtiers, das nachts beim Überqueren einer dunklen Straße gestellt wird. Dann schoss ihr Blick zu dem ungemachten Bett zu ihrer Linken hinüber, nach rechts, wo Bücherregale eine Wand säumten, hinab zu dem braunen Teppich mit Blumenmuster und dann wieder zurück zu meinem Gesicht. Sie schauderte – bei ihrem alten, gebrechlichen Körper sah es aus wie ein Krampf – und schien in ihren Sessel hineinzuschrumpfen. Ihre kurzen, dürren Finger packten die hölzernen Armlehnen, als sie mit einem Gesichtsausdruck zu mir aufschaute, den man nur als Abscheu bezeichnen konnte.

Kenne ich alles schon, Ruby.

Sie saß vor einer Terrassentür. Der Blick in den kleinen Garten war nicht gerade inspirierend – ein unkrautdurchsetzter Rasen, ein paar öde Büsche –, doch dahinter konnte man das Meer sehen. Am Horizont zogen die weißen Segel der Jachten langsam von Osten nach Westen.

Als ich mich im Zimmer umsah, entdeckte ich einen kleinen, bestickten Fußschemel und zog ihn zu Rubys Sessel hinüber – aber nicht zu nahe. Dann ließ ich mein Haar über die linke Seite meines Gesichts fallen, drehte mich im Sitzen leicht, so dass ich ihr das Halbprofil zuwandte, und erklärte ihr, wer ich sei.



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